Einen Tag bevor wir losgingen, machten 4 Teilnehmer und ich eine Barfuß-KurzWanderung zum und um den Opfinger See. Er hat einen Umfang von ungefähr 4 Km. Anschließend zeigte uns ein Mitwanderer, wie man mittels eines Seils bequem astlose Bäume hochklettert.
Die Wanderstrec̓ke: •
Kaiserstuhl, •
Liliental (pflanzenkundlicher Lehrpfad mit zahlreichen Mammutbäumen), •
Rhein-Ufer, •
Leopoldskanal, •
Rhein-Auenwald »
Taubergießen«, •
Rust, •
Ettenheim.
Ab Ettenheim gings durch den Schwarzwald: •Biberach an der Kinzig, •Harmersbachtal. Bei Oberharmersbach stiegen wir steil hinauf in den Hochschwarzwald. Oben angekommen gings weiter entlang des Höhenwanderweges »E1«: •Königswald, •Glaswaldsee, •Alexanderschanze, •Röschenschanze, •Ruhestein, •Karlsruher Grat, •Naturschutzgebiet »Gottschläg«, •Edelfrauengrab-Wasserfälle, deren bewaldete Umgebung aussieht wie im Märchenbuch.
Danach verließen wir den Schwarzwald: •Achertal, •Achern.
1· Abschnitt: Rhein-Gegend. Wir legten los mit 18 Wanderern; zunächst unterteilten wir uns in zwei Gruppen mit jeweils etwas voneinander abweichendem Wanderstrec̓kenverlauf. Am Abend trafen wir uns dann wieder.
An vorläufiger Verpflegung waren vor allem Kratzbeeren (eine den Brombeeren ähnliche Art), Äpfel, Zwetschgen, Birnen und Mirabellen auffindbar (insbesondere als Fallobst). An einigen Stellen fanden sich wildwachsende Weintrauben. Auf der Erde fanden sich bisweilen abgeschittene Kulturweintrauben, die zum Verderb bestimmt waren weil sie von Winzern abgeschitten wurden, damit die am Rebstock verbleibenden schneller, saftiger und süßer zur Reife kommen. Wegen der großen Sommerhitze fanden sich immer wieder sonnengetrocknete Brombeeren, die in etwa wie getrocknete Maulbeeren mundeten. Vereinzelt fanden wir Eibenfrüchte vor. Ein einziges Mal fand jemand eine Feige, die sogar einigermaßen reif war. An einigen wenigen Stellen lagen im Gras flec̓kige, vermackte Pfirsiche, die zwar nicht ganz so süß waren wie südeuropäische, jedoch dennoch gut schmeckten. Als überraschend gut genießbar erwiesen sich bisweilen Traubenkirschen und Herlitzen (Kornelkirschen).
Einmal, als wir neben einer Weinplantaġe Pause machten, stieg ein mir wohlbekannter Duft sehr angenehm in die Nase, konnte ihn aber zunächst keiner Pflanze zuordnen, weswegen ich mich wieder erhob und gründlich nach dessen Verursacher suchte. Nach wenigen Sekunden entdeckte ich, daſs er von wildwachsender Rauke (Ruccola) herrührte; doch nur einige wenige Blättchen mundeten himmlisch gut; danach begann das Kraut zu scharf zu schmec̓ken. Immer wieder genoſs ich die Blätter von Minze und anderen, mir namentlich aber unbekannten Wildkräutern. An den zahlreichen mir wohlbekannten Krautern fand ich vorerst keinen, sondern erst nach einigen Tagen geschmacklichen Gefallen.
Wanderwege. Auf dem Kaiserstuhl führte zur Abwechslung ein sehr an Urwald erinnernder Trampelpfad mit umgestürtzten Bäumen hinab in ein Tal. Ein andermal verirrten wir uns in einer felsigen Gegend, wo wir eine Abkürzung in Richtung Liliental (eine pflanzenkundlich ziemlich sehenswerte Landschaft) nehmen wollten. Wegen sehr verwirrender Wege, die ständig im Kreis verliefen, und wegen unüberwindbarer Hindernisse in Form tiefer Felsenabgründe, benutzten wir dann doch noch per Landstraße einen etwas größeren Umweg.
Liliental. Dort verläuft ein sehenswerter pflanzenkundlicher Lehrpfad mit vielen einheimischen und (aus aller Welt) eingeführten Sträuchern sowie Bäumen. Oberhalb des Tales durchwanderten wir einen Wald mit sechzig Jahren alten Mammutbäumen.
Sonstiges. Von einem Wanderteilnehmer lernten wir, wie zerrissene Sandalen mittels einer Ahle und einem dic̓ken Zwirn wirksam und haltbar geflickt werden können.
Vor dem Verlassen der Rheinaue in Höhe Weisweils begegneten wir mitten im Wald einem Fluſspferd und einem riesigen Krokodil…… doch beide waren nur geschnitzt aus Baumstämmen!
In der darauf folgenden Nacht zeigte jemand aus der Wandergruppe uns die Sternbilder Großer Wagen, Kassiopeia und Schwan sowie den Polarstern und den (damals auffälig gut sichtbaren) Mars.
Giftpflanzen. Aufgrund der in Datei 8 eingangs erwähnten
Gründe, kostete ich unterwegs auch Giftpflanzen auf ihren Geschmack — zunächst eine Tollkirsche. Aus einschlägiger Erfahrung heraus (siehe ebenfalls Datei 8) aber nicht mehr wie im Jahr zuvor voreilig 35 Stück, sondern nur noch eine einzige. Wirkung: keine. Erst im Spätsommer 2005 getraute ich mich wieder, sie bis zur Instinktsperre zu essen, die dann bei 4½ Beeren einsetzte und mich somit vollkommen heile beließ, was ebenfalls in Datei 8 festgehalten ist.
Entlang eines Wanderstrec̓kenabschnitts prahlten desweiteren kleine rote Beeren auf dic̓ken grünen kurzen Stängeln. Sie erinnerten mich sehr an die Früchte des (sehr giftigen) Aaronstabes. Seine Blätter erscheinen frühlings bis frühsommers. Bereits ein winziges (stecknadelgroßes) Blatt-Fetzchen beißt (nach einigen Sekunden Zerkauens) eine ganze Stunde lang schmerzhaft zerrend auf der Zunge. Da die Blätter mittlerweile abgestorben waren, benutzte ich eben 1½ Beeren zur Artbestimmung. Die mundeten nach nichts bis etwas bitter. Sonderbarerweise „bissen” sie mich zunächst nicht in die Zunge. Aber dennoch zögerte ich erstmal mit dem Verzehr weiterer Mengen. Das Zögern hat sich sehr gelohnt. Denn die erst nach einer halben Minute eingesetzt habende Beißwirkung war nur geringfügig. Das genügte mir zur Artbestimmung vollauf. Es ist allerdings zu befürchten, daſs nicht vollständig roh ernährte Personen bereits von den 1,5 Beeren sich eine gravierende Vergiftung zugezogen hätten.
Erfrischungen. Hin und wieder badeten wir in Bächen, Seen oder kleinen Flüssen. Einmal tauchten wir unsern Kopf voll in ein kleines mit etwas Algen bewachsenes Brunnenbec̓ken. Beim Genießen von Traubenkirschen fragte uns ein hierbei beobachtet habender Einheimischer erstaunt, ob die denn wirklich eſsbar sind. Dann und wann vermiſste ich ein klein wenig gewisses Import-Obst; doch nach dem Genießen einiger Heuschrec̓ken bis zur Geschmacks-Sperre vergaß ich das Südfruchtansinnen wieder vollständig. Auch an wilden Haselnüssen und entsorgten Wal-nüssen stärkten wir uns.
2· Abschnitt: Schwarzwald. Dort mundeten mir besonders gut jeweils
Minze,
Wiesenschaumkraut (mild und kresse-ähnlich) und
Vogelmiere. Die dort vorfindbaren Früchte waren natürlich nicht ganz so zufriedenstellend wie die des Rhein-Gebiets; und gelegentlich kam mir Seefisch in den Sinn. Und als wir weiter und höher in den Schwazwald kamen, wo die Früchte noch weniger denen der Rhein-Gegend ähnelten, wurde das Ansinnen auf Fisch noch etwas stärker. Erst nach erneutem Genießen von Heuschrec̓ken flachte es wieder ziemlich ab; und nach reichlichem Genießen überraschend aufgefundener
Maden, die sich von Altholz ernähren, verschwand es vollständig.
Sie tummelten sich sehr zahlreich unter der Rinde eines liegenden Baumstammes, auf dem wir rasteten und mundeten zart ein wenig nach Quark. Zu dritt ─mittlerweile waren wir noch insgesamt zu fünft─ ließen wir uns diese Lec̓kerbissen genüſslich schmec̓ken.
Heuschrecke
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Tags darauf mundeten mir die Wildgemüse überraschenderweise besonders lec̓ker und ebenso (vergleichsweise) reichhaltig: mehrere Blätter sowie Fruchtstände des Breitwegerichs. Auch Blau- und Brombeeren mundeten mir hernach erheblich besser als noch am Vortag. Selbst Moosbeeren ─die mochte ich bislang noch nie besonders─ mundeten mir plötzlich angenehm. Außerden waren sie hier in einer Häufigkeit vorfinbar, wie ich bei diesem Obst es in freier Natur bis dahin noch niergendwo angetroffen hatte. Im weiteren Verlauf der Wanderung hatte ich weiterhin geschmackliche Freude an Heuschrec̓ken.
Übernachtung. Wir hatten alle jeweils einen Schlafsack mitgebracht, aber keiner ein Zelt. Die meisten Nächte waren vollkommen troc̓ken. Als Schutz vor möglichem Regen hatte fast jeder ein Regentarp dabei. Ein Regentarp ist ein Umhang, welcher den Körper und den Rucksack vor Regen schützt. Erwarteten wir welchen, so benutzten wir das Tarp als Plane und spannten es mittels Schnüren und Häringen (aus Holzstöc̓ken oder Metall) zwischen Bäumen, Ästen oder Mauern so auf, daſs der Westwind weitgehendst abgehalten wurde. Die dazu vorteilshaften Sonderknoten erlernten wir von einem Wanderkameraden. Anfangs benutzte ich (anstelle eines Tarps) eine große Plastikplane, die ich später durch Zukauf eines von jemandem überzählig mitgebrachten Gebraucht-Tarps ersetzte.
Geregnet hat es nur in drei Nächten. Die erste Regennacht verbrachten wir im Hochschwarzwald. Dort bauten wir am Vorabend noch eine einfachste Hütte aus Ästen, Zweigen, Reisig, Gras und Laub. Einer von uns übernächtigte dann darin und wurde hierbei wegen undichtem Dach etwas naſsgeregnet.
In der dritten Regennacht wurde auch ich etwas naſs, weil sie ziemlich windig war mein Tarp für meine Körpergröße eigentlich zu kurz.
Naturwerkzeuge. In Oberharmersbach bestaunten wir von außen ein geschichtliches Bauernhaus mit riesigem, voll lauffähigem Mühlrad, Rieddach, vielen neusteinzeitlich anmutenden Geräten und einigen ausgestellten Rohstoffen und getrockneten Hanffasern. Die Hanffasern brachten uns anderntags auf den Einfall, aus frisch abgerissenen Grasgarben ein 12 Meter langes Seil zu drehen, was uns gut gelang.
handgedrehtes Seil aus Gras
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Tage zuvor fertigte einer von uns ein Stückchen einer ziemlich reißfesten Schnur aus Lindenbast an und aus Fichtenrinde ein tragbares Körbchen, das sich zum Tragen von unterwegs aufgesammeltem Früchten eignete.
Gratwanderung. Am neunten Wandertag beschlossen wir, ein schmales Bachtal mit Wasserfällen zu besuchen, die wir auf unserer Landkarte entdeckt hatten und uns sehenswert erschienen. Der Weg dorthin führte uns über einen sehr schmalen Höhen-Wanderweg ─dem Karlsruher Pfad─. Teilweise ist er kaum noch als Weg erkennbar, sondern verläuft auf dem felsig gratigen Rüc̓ken eines Gebirgszuges. Links und rechts des „Weges” klaffte des öfteren ein steil felsiger Abgrund. Der Grat selbst bildet an den meisten Stellen eine zehn bis zwanzig Meter breite Waldschneise.
Bilderbuch-Wald. Durch felsigen Wald führte der Weg wieder hinunter: ins Naturschutzgebiet Gottschläg«. Beim Abstieg kreuzte eine Blindschleiche unseren Weg. Unten im Tal begegneten wir dem ersten Wasserfall. Weiter talabwärts beginnt der Wald märchenhaft schön zu werden. Weitere Wasserfälle folgen in einer tiefen Schlucht. Hinter einem dieser Wasserfälle verbirgt sich das sogenannte Edelfrauen-Grab — eine wenige Meter tiefe Grotte. Nach dem letzten Wasserfall fand am Bachufer sich wieder schmackhaftes Wiesenschaumkraut. Gleich daneben prunkte ein Holunderstrauch mit dic̓ken, reifen Beeren. Es war seit damals 10 Jahren das erstemal, daſs mir Holunderbeeren wiedermal in reichlichem Ausmaße angenehm schmeckten.
Im Anschluſs. Allmählich kamen wir auf den Geschmack von Wildbirnen. Die sind urbelassen zwar zunächst meist viel zu ungenießbar sauer, doch die leicht angegorenen (mit bräunlich-weißem Fruchtfleisch) schmeckten uns häufig köstlichst südfrucht-ähnlich. Auch Zwetschgen und Mirabellen tauchten wieder auf; desweiteren Haselnüsse und Maronen. An letzteren hatte ich jedoch kaum Bedarf. An einer durch Wald verwilderten Stelle eines Weinbergs fanden wir an Haselsträucher sich emporrankende zierlich kleine und zugleich seltsam lec̓ker mundende wildwachsende Weintrauben. Diese Sorte hatte ich mal unter dem Namen »Kindertrauben« italienischer Herkunft in einem Feinkosthandel vorgefunden.
Das Endziel der 10-tägigen Wanderung war der Bahnhof in Achern. Von dort folgten wir per Bahn, per Bus und zu Fuß einer Einladung nach Nord-Württemberg zu einem alten Bauernhof, in welchen einer der Mitwanderer erwog einzuziehen. Somit ernährten wir uns im Anschluſs zwei weitere Tage lang von ausschließlich der Natur. Diese 12 Tage waren die für mich bisdahin mit Abstand zufriedenstellendsten Naturwuchs-Verpflegungstage, die ich je erlebte. Der Urlaub nahte sich allerdings seinem Ende zu. Zu Fuß legten wir insgesamt 185 Km zurück.
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