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Der Mai ist ge­kom­men, die Kä­fer flie­gen los

En­de des Jah­res 2001 er­leb­te ich in der Gü­ter­trans­port-Bran­c̃he ei­nen rie­si­gen Ge­gen­satz zwi­schen den ─je­weils mit gro­ßem Nach­druck wei­ter­ge­ge­be­nen─ An­for­der­un­gen des Ar­beit­ge­bers und des Ge­setz­ge­bers, so­daſs die Auf­trä­ge oh­ne täg­lich 14 bis 16 stün­di­gem Ar­beits­auf­wand und lang­fri­stig ge­wach­se­nen per­sön­li­chen Be­zie­hun­gen auf Dau­er nur noch teil­wei­se aus­führ­bar wa­ren. Des­wei­te­ren war es 2002 ir­gend­wie ab­zu­se­hen, daſs auch mein da­mals neu­er Ar­beit­ge­ber aus den glei­chen Grün­den wie der von 2001 der In­sol­venz zu­drif­te­te. Somit fühl­te ich mich wie­der­holt da­zu ver­an­laſst, in In­stink­ti­ver Wild­nis­ver­pfle­gung noch mehr Er­fah­run­gen zu sam­meln. Zu die­sem Zweck be­gab ich mich in den Früh­lin­gen 2001 und 2002 (zur Nah­rungs-Ab­wech­slung) ins öst­li­che Aus­land.

2001

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Vogelmiere
Die­se Wild­nis­ver­pfle­gung ver­lief sechs Ta­ge lang im Mai, wo­bei ich gleich­zei­tig trotz der sehr kar­gen (und da­her dem Kör­per-Or­ga­nis­mus ge­nau­so-we­nig ener­gie-lie­fern­den…) Ver­kö­sti­gung mei­nem (dor­ti­gen) Gast­ge­ber un­ge­fähr 200 klei­ne Ei­chen­bäu­mchen auf sei­nem Grund­stück ein­pflanz­te. Hier­bei ka­men im­mer wie­der En­ger­lin­ge zum Vor­schein, die mir zur kar­gen Wild­grün­kost her­vor­ra­gend himm­lich gut nach ge­räu­cher­ter Ma­kre­le schmeck­ten. Ver­ein­zelt grub ich wel­che auch mit­tels blo­ßen Hän­den und scharf­kan­ti­gen Stei­nen aus. Mein Ge­schmacks-be­stimm­ter Spei­se­plan am 13· Mai:


2002/März

Im Jah­re 2002 führ­te ich zwei Ur­Ver­pfle­gungs-Ver­su­che durch; den er­sten (neun Ta­ge lang) be­reits En­de März. Er fiel mir zu­nächst noch ziem­lich leicht, weil auf ei­ner brach­lie­gen­den Obst­baum­wie­se et­liche klei­ne Äp­fel­chen her­um­la­gen, die den Win­ter gut über­stan­den hat­ten und er­fri­schend süß so­wie leicht al­ko­ho­li­siert schmeck­ten.
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Giersch
Da­ne­ben mun­de­ten mir auf­fal­lend gut (und wie­der in weit­aus grö­ße­ren Ta­ges­men­gen, als ich es beim Wild­grün vom All­tag her ge­wohnt bin) die je­weils noch sehr jun­gen (früh­lings­haft zar­ten und saf­ti­gen) Blät­ter des Wie­sen­ker­bels und des Gier­sches.

Bald wa­ren die her­um­lie­gen­den Äp­fel­chen je­doch fast auf­ge­braucht. Zu­dem kehr­te de­ren Genieß­bar­keit sich all­mäh­lich ins Ge­gen­teil um. Gleich­zei­tig mun­de­te mir auch das Wild­grün nur noch in spär­li­chen Ma­ßen. Am fünf­ten Tag fühl­te ich mich sehr un­ter­ener­ge­ti­siert und spür­te hef̈tigst ei­nen rie­si­gen Bedarf nach (reich­lich Ener­gie lie­fern­der) Han­dels-Ur­nah­rung, der mir kaum noch zu bän­di­gen schien.
         Den­noch un­ter­ließ ich vor­erst das Hin­zu­kau­fen der Han­dels­(roh)­nah­rung, weil ich mich an ei­ne drei Ta­ge zu­vor im Wald tot auf­ge­fun­de­ne Stock­en­te er­in­ner­te, die wohl von ir­gend ei­nem Hund an­ge­fal­len, an­ge­knab­bert und dann lie­gen­ge­las­sen wur­de. Die­sen (in un­se­rer kul­ti­4­ten Na­tur ja äu­ßerst sel­te­nen) Fund woll­te ich un­be­dingt un­ter wild­nis-ur­zeit­li­chen Er­näh­rungs­be­din­gun­gen auf seine Ge­nieß­bar­keit te­sten, denn die Wit­te­rungs­tem­pe­ra­tu­ren wa­ren zu je­ner Zeit sehr fro­stig (wo­durch be­ste La­ge­rungs­be­din­gun­gen ge­ge­ben wa­ren).

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getötete Stockente
Zwar schmeck­te mir die En­te frisch (al­so am Fund­tag) nach nur ei­nem hal­ben Gramm Ver­zehr noch der­ma­ßen scheuß­lich, daſs ich so­fort da­von ab­ließ. Aber nur drei Ta­ge spä­ter emp­fand ich de­ren gan­zes Fleisch (das ich mit ei­nem scharf­kan­ti­gen Stein grob zer­teil­te) und et­li­che ih­rer In­ne­rei­en so vor­züg­lich wohl­schmec­kend (bes­ser als der be­ste Koch sie je­mals zu­be­rei­ten könn­te), daſs ich fast die gan­ze En­te köst­lich ge­noſs. Die­ser ge­schmacks-na­tur­trieb­lich (in­stinĸ­tiv vom Kör­per wahr­ge­nom­me­ne) ho­he Be­darf an Ente hing wahr­schein­lich nicht nur mit de­ren drei­tä­gi­ger La­ge­rung in der Käl­te zu­sam­men, son­dern si­cher­lich auch mit mei­nem sehr un­ter­ener­ge­ti­siert ge­we­se­nen Zu­stand.
        Im Ver­lau­fe des En­ten­ver­zehrs schnell­ten mei­ne mitt­ler­wei­le da­hin­ver­lo­re­nen Kör­per­kräf­te dann er­staun­lich rasch wie­der auf Zi­vi­li­sa­ţi­ons­Ur­nah­rungs-Ni­veau an, wor­auf ich mit un­glaub­lich gro­ßem An­trieb den von Re­gen­was­ser über­schwemm­ten Kel­ler­bo­den mei­ner (vor mei­ner An­kunft ei­ni­ge Zeit lang fen­ster­los ge­we­se­nen) Wohn­hüt­te mit Schöpf­kel­le und Ei­mer ent­wäs­ser­te. Und ei­nen Tag nach dem En­ten­ver­zehr mun­de­te mir das Wild­grün wie­der in in sehr deut­lich grö­ße­ren Men­gen.
        Erst am zehn­ten Wild­nis­ver­pfle­gungs­tag wa­ren die Un­ter­ener­ge­ti­sie­rungs-Er­schei­nun­gen und die Wild­grün­sper­ren wie­der auf das Aus­maß des fünf­ten Ver­pfle­gungs­ta­ges an­ge­wach­sen. Lei­der fand ich dann kei­ne wei­te­re En­te (oder ver­gleich­ba­res) mehr (und be­en­de­te dar­auf die Übung), war aber nun um ei­ne sehr grund­le­gen­de und eben­so auf­schluſs­rei­che ─auch hin­sicht­lich All­tags-(Roh)­Ver­pfle­gung be­deut­sa­me─ Er­fah­rung rei­cher ge­wor­den.


2002/Mai

Den zwei­ten Ur­Ver­pfle­gungs-Ver­such be­sag­ten Jah­res un­ter­nahm ich An­fang Mai. An­stel­le von Äp­fel­chen und En­te stan­den nun Mai­kä­fer zur Ver­fü­gung. Die mei­sten die­ser Kä­fer mun­de­ten mir (mich köst­lich an Ei­er­pfann­ku­chen [Ome­lett] mit Sah­ne­quark er­in­nernd) himm­lisch. Zahl­rei­che an­de­re Kerb­tier­Ar­ten (un­ter an­de­rem Stech­müc̓­ken und ei­ni­ge fin­ger­na­gel­gro­ße Kä­fer­ar­ten) dien­ten mir als Vor­spei­se.

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Maikäfer
Die Mai­kä­fer lie­ßen sich zu­nächst auf Ahorn­blät­tern nie­der. Als ei­ni­ge Ta­ge spä­ter die Ei­chen grün­ten, wech­sel­ten sie über auf die­se. Ab Mit­te des Mo­nats schien ihn­en Ei­che nur noch halb­wegs zu schmec̓­ken und mach­ten sich an Wei­den­bäu­me, Ha­sel­sträu­cher, Weiß­dorn, wil­de Him­bee­re und Ha­ge­but­te. Aber al­le Obst­bäu­me ver­schmäh­ten sie voll­stän­dig. Den­noch stan­den al­le Bäu­me je­des Jahr in sat­tem Grün und die Bau­ern ern­te­ten je­des Jahr reich­lich Ge­trei­de und Kar­tof­feln.

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Wiesenkerbel
An Wild­grün be­vor­zug­te ich nun (wie­der in je­weils un­ge­wohnt gro­ßen Ver­zehr­men­gen) Lin­den­blät­ter und wie­der Wie­sen­ker­bel; von letz­te­rem aber nicht mehr die Blät­ter, son­dern das Sten­gel­mark. Um an die­ses ran­zu­kom­men, dreh­te ich mög­lichst na­he des Erd­bo­dens den Pflan­zen­sten­gel aus der Er­de und schäl­te an­schlie­ßend die au­ßen an­lie­gen­den (sehr zä­hen) Fa­sern mit den Fin­ger­nä­geln oder den Zäh­nen ab. Kurz vor sei­ner Blü­te­zeit schmeck­te mir sein Mark am al­ler­saf­tig­sten (fast wie gelb-rei­fe Sa­lat­gur­ke).

Auch Wild­früch­te stan­den mir zur Ver­fü­gung: Ha­ge­but­ten, Ei­cheln und et­was Weiß­dorn. Aber sie wa­ren −im Ge­gen­satz zum Wild­grün und den Kä­fern− täg­lich nur gramm­wei­se ge­nieß­bar.

All­mäh­lich emp­fand ich die Lin­den­blät­ter als zu­neh­mend troc̓­ke­ner und das Sten­gel­mark als zu­neh­mend fa­se­ri­ger. Au­ßer­dem be­rei­te­ten die scharf­kan­ti­gen Chi­tin­pan­zer der Mai­kä­fer ab dem fünf­ten Tag mir ge­nau­so früh vor­zei­ti­ge Eſs­sper­ren wie die zä­hen Fa­sern des Wild­grüns. Zu­dem ver­miſs­te ich ─als ener­ge­tisch vor­teils­haft zu­sätz­lich nutz­ba­re Aus­weich­mög­lich­keit─ sehr den Bär­lauch. Denn mitt­ler­wei­le war mir klar­ge­wor­den, daſs vor al­lem un­ter Wild­nis­roh­ver­pfle­gung ei­ne gro­ße Viel­falt eſs- bzw· ge­nieß­ba­rer Nah­run­gen sich au­ßer­or­den­lich gün­stig auf den Ener­gie­haus­halt des Kör­per­or­ga­nis­mus aus­wirkt. Denn bei grö­ße­rem Nah­rungs­an­ge­bot kann der (fast nur bei ur­sprüng­li­chen Nah­run­gen sich und haupt­säch­lich durch den Ge­schmacks­sinn be­mer­kar ma­chen­de) Er­näh­rungs-In­stinkt beim Sper­ren meh­re­rer Wild­nis-Le­bens­mit­tel dann viel bes­ser (dem un­ter Wild­nis­[roh]­ver­pfle­gung über­aus wich­ti­gen Ener­gie-Haus­halt des Kör­per-Or­ga­nis­mus die­nend) auf ein an­de­res (just doch noch be­darfs­ge­rech­tes) aus­wei­chen.
        Vor da­mals zwei Jah­ren hat­te ich dies ja (wie in Da­tei 4 ge­schil­dert) im­mer­hin (dank Bär­lauch und Senf­pflan­ze) zwei Ta­ge lang er­lebt. Da­mals ver­miß­te ich (zwecks noch län­ger an­dau­ern­der Eſs­lust) die Mai­kä­fer (bzw· an­de­re gut eſs­ba­re Kerb­tie­re).

Am sieb­ten Wild­nis­ver­pfle­gungs­tag fand ich dann ei­ne reich­li­che Men­ge ent­sorg­ter Win­ter­la­ger-Äp­fel, wo­mit die Übung be­en­det war.


ein klei­nes Miſs­ge­schick

Beim spä­te­ren Kau­fen von Han­dels­(ur)­nah­rung pas­sier­te mir üb­ri­gens ein ein­zi­ges Mal ein klei­nes Miſs­ge­schick: auf ei­ner Pac̓­kung ge­schäl­ter Erd­nüs­se (500 Gr·) ent­deck­te ich (in pol­ni­scher Spra­che) die Auf­schrift »bez oleju, bez soli« (oh­ne Öl, oh­ne Salz). Beim Le­sen wei­te­rer An­ga­ben ver­wech­sel­te ich je­doch aus Un­acht­sam­keit bei der An­ga­be »orze­chy ziem­ny« (Erd­nüs­se) das Wort »ziem­ny« mit den Wort »zim­ny« (kalt) und über­setz­te da­her irr­tümm­lich mit »kalt (son­nen)­ge­trock­ne­te Nüs­se«. Denn bei ei­nem deut­schen Früch­te­händ­ler hat­te ich tat­säch­lich schon­mal (was sehr han­dels­un­üb­lich ist) ro­he (al­ler­dings un­ge­schäl­te) ge­kauft.
        Aus falsch ver­stan­de­ner Spar­sam­keit warf ich die »Orze­chy ziem­ne« trotz ihrer Heiß­luft­trock­nung (Rö­stung, was ich am Ge­schmack be­merk­te) und trotz mei­ner da­mals be­reits mehr­jäh­rig kon­se­quen­ten Roh­Er­näh­rungs-Er­fah­rung nicht weg. Nach de­ren Ver­zehr hat­te ich je­doch in der Nacht dar­auf sehr un­ge­wöhn­li­che Träu­me.

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